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Die Wissenssoziologie Karl Mannheims und ihre philosophischen Implikationen

von Holger Maaß, maass@maasster.de, 18.06.2011

 

Vorbemerkung

Die Wissenssoziologie ist heute eine Teildisziplin der Soziologie, die sich mit den Beziehungen des menschlichen Wissens bzw. Denkens und dem sozialen Kontext beschäftigt, in dem es entsteht, verhandelt wird und zur Geltung kommt. Als eigenständiger Forschungsbereich bildete sie sich in den 1920er Jahren in Deutschland heraus, wobei als ihre maßgeblichen Begründer meist Max Scheler und Karl Mannheim genannt werden[1].

Wir wollen uns an dieser Stelle auf Karl Mannheim konzentrieren und seine Konzeption der Wissenssoziologie näher erläutern. Dabei halten wir uns vor allem an einen Text des Autors von 1931, den er für ein Wörterbuch der Soziologie verfasst hatte[2]. Dieser Text ist besonders gut geeignet, um die systematischen Grundideen Mannheims darzustellen, weil er als eine Art Einführung geschrieben wurde und deshalb gut überschaubar ist. Auch kann der interessierte Leser anhand dieses Textes unsere Ausführungen ohne allzu großen Aufwand selbst mitvollziehen.

Mannheim führt die Wissenssoziologie in diesem Aufsatz zwar zunächst als spezielle Teildisziplin der – damals noch jungen Wissenschaft – Soziologie ein, kommt aber auch auf Konsequenzen zu sprechen, die sich aus seiner Konzeption der Wissenssoziologie für die philosophische Erkenntnistheorie ergeben. Auf die Frage dieser Konsequenzen werden wir ausführlich eingehen.

Außen vor lassen wir hier zunächst die große Debatte um die Wissenssoziologie Mannheims, die sich vor allem in den Jahren ab 1929 entzündete, da sie sehr weit verzweigt war und nur in einer eigenen Betrachtung angemessen dargestellt werden könnte. Die Bedeutung dieser Debatte sei hier aber ausdrücklich hervorgehoben, weil an ihr bestimmte Möglichkeiten und Grenzen der Wissenssoziologie deutlich hervortreten.[3]

 

Definition des Begriffs der Wissenssoziologie

Mannheim definiert zunächst in groben Strichen, was er unter „Wissenssoziologie“ versteht. Danach ist sie eine neue Teildisziplin der Soziologie, die sich mit der „gesellschaftlichen Seinsverbundenheit“ des Wissens in all seinen Formen befasst (227).[4] Ihre Untersuchungen beziehen sich dabei sowohl auf gegenwärtiges als auch auf vergangenes Wissen, und so ist sie bei Mannheim ein sowohl systematisches als auch historisches Forschungsprogramm.

Als Grund für das Entstehen der neuen Forschungsrichtung nennt Mannheim ausdrücklich die „gegenwärtige Krisensituation des Denkens“ (227), die er mit einem „Relativismus“ in Verbindung bringt. Auch wenn Mannheim an dieser Stelle nicht näher erläutert, was er genau mit der Krisensituation meint, so kann man m.E. davon ausgehen, dass er besonders auf den Historismus anspielt, der die geschichtliche Bedingtheit der kulturellen Gegebenheiten und auch des Denkens und Wissens herausgearbeitet hatte.[5] Weil damit zugleich der Geltungsanspruch jedes Wissens eingeschränkt und also relativiert ist, erscheint einem auf objektive Gültigkeit abzielenden Denken diese Situation als Krise.

Was wir uns genau unter der gesellschaftlichen Seinsverbundenheit des Wissens vorzustellen haben, wird von Mannheim erst im weiteren Verlauf seiner Überlegungen näher bestimmt. Das Programm ist aber eingekreist: Wissen soll in seiner Korrelation mit sozialen Strukturen thematisiert werden.

 

Ist Wissenssoziologie die Entlarvung von Ideologien?

Wenn von einer gesellschaftlichen Seinsverbundenheit des Denkens die Rede ist, drängt sich natürlich sofort die Frage auf, ob die Wissenssoziologie das Ziel verfolgt, Ideologien aufzudecken, und Mannheim thematisiert denn auch sogleich sein Verhältnis zur Ideologienlehre. Dabei gesteht er gewisse Verbindungen durchaus ein, aber er weist auch auf einen grundlegenden Unterschied hin:

Die Ideologienlehre macht es sich zur Aufgabe, die mehr oder weniger bewußten Lügen und Verhüllungen der menschlichen Parteiungen, insbesondere der politischen Parteien, zu entlarven. Die Wissenssoziologie beobachtet jene Fälle, bei denen nicht so sehr der mehr oder minder bewußte Wille zur Lüge und Verhüllung Aussagen in eine bestimmte Richtung treibt, sondern bei denen sich das gesellschaftliche Gefüge mit allen seinen Phänomenen offenbar notwendigerweise den an verschiedenen Punkten dieses Gefüges verankerten Beobachtern verschieden gibt. Nicht die Verhüllungsabsicht bestimmt also in allen diesen Fällen die „Einseitigkeit“ und „Falschheit“ der Aussagen, sondern die unvermeidlich verschieden geartete Bewußtseinsstruktur der verschieden gelagerten Subjekttypen im historisch-sozialen Raum. (228)

Diese Abgrenzung der Wissenssoziologie zur Ideologienlehre im Sinne einer Entlarvung von lügnerischen Absichten ist natürlich von zentraler Bedeutung und wird von Mannheim denn auch gleich zu Beginn seines Aufsatzes vollzogen. Es geht Mannheim also nicht um die Aufdeckung von psychologischen Täuschungsabsichten, sondern um eine systematische Reflexion auf die notwendige soziale Perspektivität eines jeden Denkens. Um diesen Unterschied auch begrifflich zu fixieren, trennt er zwei Ideologiebegriffe voneinander ab: den partikularen und den totalen. Unter dem partikularen Ideologiebegriff versteht er eine mehr oder weniger bewusste Täuschungsabsicht auf der psychologischen Ebene, die immer nur auf bestimmte Aussagen eines Subjekts zu beziehen ist. Der totale Ideologiebegriff meint demgegenüber jedoch die soziale Perspektivierung einer gesamten Denkstruktur, bei der von einem Lügenverdacht nicht mehr sinnvoll gesprochen werden kann.

Mannheim betont denn auch, dass das Wort „Ideologie“ in den wissenssoziologischen Analysen nichts Pejoratives mehr an sich hat. Da dieses Wort jedoch leicht im Sinne einer Täuschungsabsicht missverstanden werden kann, will Mannheim in Zukunft statt von „Ideologie“ lieber von einer „seinsverbundenen – oder standortgebundenen – Aspektstruktur“ (229) des Denkens sprechen.

Man sieht m.E. schon hier, dass die Wissenssoziologie nicht einfach nur eine neue Teildisziplin der Soziologie ist und sein will, sondern dass sie in die wissenschaftlichen Debatten das Reflexionsmoment auf die soziale Perspektivierung des Denkens systematisch hineinführen will. Insofern ist die methodologische bzw. erkenntnistheoretische Stoßrichtung der Wissenssoziologie schon hier sehr deutlich. Man kann sie m.E. als eine Antwort auf den offenbar gewordenen faktischen Methodenpluralismus in der Wissenschaft verstehen, die sich einerseits jenseits eines skeptischen Relativismus aufstellt und andererseits auch fernab von einer wie immer gearteten neuen Metaphysik.

 

Empirische Wissenschaft oder Erkenntnistheorie?

Mannheim stellt nun auch explizit heraus, dass man die Wissenssoziologie in zweifachem Sinne verstehen kann: einmal als Tatsachenwissenschaft, die den Korrelationen von gesellschaftlichem Standort und Wissen in ihrer ganzen empirischen Breite nachgeht, und zum zweiten als erkenntnistheoretische Lehre mit philosophischer Stoßrichtung:

Einmal kann sie [die Wissenssoziologie] als Theorie eine bloße Tatsachen (Faktizitäten) feststellende Lehre von dem Phänomen der Seinsverbundenheit des Wissens sein; als solche beschränkt sie sich darauf, diese Seinsverbundenheit phänomenologisch aufzuweisen, zu beschreiben und der Struktur nach zu analysieren; sie kann aber dann in Gestalt eines darauffolgenden Denkschrittes sich in eine erkenntnistheoretische Lehre … umwandeln, die sich zur Aufgabe macht eben die erkenntnistheoretische Relevanz der Tatsache der Seinsverbundenheit zum Problem zu machen. (229)

Mannheim selbst sieht die Wissenssoziologie als Einheit dieser beiden Aspekte, gesteht aber ausdrücklich zu, dass man sich auf eine empirisch verfahrende Forschung in diesem Bereich beschränken kann, ohne die erkenntnistheoretischen Konsequenzen mitzumachen.[6] Dies scheint zunächst nachvollziehbar zu sein, denn wenn man die Wissenssoziologie als „historisch-soziologische Forschungsmethode“ (229) etablieren will, ist eine Menge empirischer Stoff zu verarbeiten, so dass die Entlastung von philosophischem Ballast eine Erleichterung verspricht. Darin liegt jedoch m.E. auch eine Gefahr, denn das innovatorische Potential und die analytische Kraft der Wissenssoziologie erwächst gerade aus der in ihr sich vollziehenden Verbindung von soziologischen und philosophischen Aspekten.

Man kann Mannheims Erwägung einer Wissenssoziologie ohne erkenntnistheoretische Implikationen als Zugeständnis an eine Soziologie interpretieren, die sich gerade im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts als eigenständige akademische Disziplin konstituierte und damit auch von der Philosophie emanzipieren wollte. M.E. gerät er damit jedoch in Widerspruch zu seinen eigenen Grundintentionen. Solange man die empirische und erkenntnistheoretische Seite als zwar methodisch trennbare, aber nicht isolierbare Aspekte einer integralen Wissenssoziologie begreift, ist eine solche Unterscheidung sinnvoll. Spaltet man aber den empirischen Teil ab und verselbständigt ihn, ist m.E. das analytisch-hermeneutische Potential der Wissenssoziologie zugunsten einer neuen Regionalwissenschaft preisgegeben.

 

Erforschung der Seinsverbundenheit

Mannheim erläutert das Vorgehen wissenssoziologischen Forschens als einen zweistufigen Prozess, in welchem zunächst die Seinsverbundenheit des Denkens aufgewiesen und in einem zweiten Schritt die erkenntnistheoretische Relevanz eines solchen Aufweises zum Thema gemacht wird. Deshalb versucht Mannheim jetzt, den Begriff der Seinsverbundenheit näher zu bestimmen (230). Dabei spricht er davon, dass soziale Prozesse den Erkenntnisprozess „lenken“ bzw. in diesen „hineinragen“ (230) und dass „hinter“ dem denkenden Einzelindividuum der Willenszusammenhang einer Gruppe steht (231), den es sichtbar zu machen gilt.

Mit solchen Formulierungen legt Mannheim m.E. wenigstens zwei problematische Lesarten des Phänomens der Seinsverbundenheit nahe: erstens, dass die Partizipation des denkenden Individuums an bestimmten sozialen Prozessen zwar die Entstehung seines Denkens mit bestimmt und ermöglicht, dass aber die Entstehungsbedingungen keinen Einfluss auf die Geltung des so zustande gekommenen Denkens haben. Auf diese Weise könnte man auf die „bloß genetische Relevanz“ der Seinsverbundenheit verweisen (230) und ihre Bedeutung marginalisieren. Diese Lesart wird von Mannheim ausdrücklich zurückgewiesen mit dem Hinweis darauf, dass die Seinsverbundenheit in die grundlegende Struktur des Wissens hineinragt.

Die zweite Lesart, die sich aufdrängt, wäre eine totale soziale Determination jeglichen Wissens, die sich ohne subjektive Beteiligung der denkenden Individuen durchsetzt. Gemäß einer solchen Lesart könnte man Mannheim den Vorwurf des Soziologismus machen bzw. einer sozialdeterministischen Metaphysik. Ein solcher Vorwurf wurde exemplarisch z.B. von E.R. Curtius erhoben[7].

Mannheim setzt sich zwar immer wieder mit einem solchen Vorwurf auseinander und versucht ihn zu entkräften (246),[8] aber er setzt sich mit seinen Formulierungen auch immer wieder diesem Vorwurf aus. Dies rührt natürlich daher, dass in der Tat viele Beispiele aufgezeigt werden können, wo das Denken einer bestimmten Person auch nachweislich mit ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Seinslage in direktem Zusammenhang steht. Durch den Aufweis solcher faktischer Korrelationen kann man zwar die wissenssoziologische Forschung motivieren, aber ihre allgemeine Bedeutung wäre verkannt, wenn man es bei einer solchen Motivierung belassen würde.

Dass Mannheim zwar partiell dem Soziologismus-Vorwurf ausgesetzt bleibt, dass aber der Grundzug seines Denkens diesem entgeht, lässt sich z.B. an seiner These erläutern, dass das Denken nicht nur inhaltlich, sondern bis hinein in seine formale Struktur („Aspektstruktur“, „Denkmodell“) sozial gebunden ist:

Von den Merkmalen, durch die die Aspektstruktur einer Aussage charakterisierbar ist, von den Kriterien, durch die sie in der Zurechenbarkeit bestimmbar ist, wollen wir hier nur einige anführen: Bedeutungsanalyse der zur Anwendung gelangenden Begriffe, das Phänomen des Gegenbegriffs, das Fehlen bestimmter Begriffe, Aufbau der Kategorialapparatur, dominierende Denkmodelle, Stufe der Abstraktion und die vorausgesetzte Ontologie. (234)

Man kann Mannheims These m.E. durch ein transzendentales Argument aus der Phänomenologie Husserls stützen. Danach können wir z.B. eine Theorie nur dann verstehen, wenn wir sie auf lebensweltliche Vollzüge zurückbeziehen, in denen wir selbst stehen. Dies tun wir im Verstehen natürlich implizit, aber wir können diesen Rückbezug durch geeignete Analysen auch explizit machen. Fasst man nun diese lebensweltlichen Vollzüge als eingebettet in Handlungsvollzüge auf – wie dies etwa Heidegger getan hat – dann ist Verstehen nur im Rückbezug auf Handlungsweisen möglich, die uns vertraut sind. Geht man weiter davon aus, dass unser Handeln nicht nur nebenbei, sondern strukturell in soziale Handlungskontexte eingebettet ist und durch diese ermöglicht, orientiert und motiviert wird, dann folgt daraus, dass wir eine Theorie nur dann verstehen (und ihr ggf. zustimmen), wenn wir sie auf lebensweltliche soziale Handlungskontexte zurückbeziehen können. Diesen impliziten Rückbezug bei der Produktion und Rezeption von Wissen aufzudecken und aufzuklären, kann als das eigentliche Programm der Mannheimschen Wissenssoziologie angesehen werden.

Um etwas anschaulicher zu machen, wie Mannheim die Seinsverbundenheit bei formalen Kategorien analysiert, sei an dieser Stelle ein Beispiel zitiert:

So ist es z.B. für den Konservatismus ... charakteristisch, dass er die Neigung hat, morphologische Kategorien anzuwenden, die das Erfahrungsmaterial, wie es vorliegt, in seiner anschaulichen Totalität nicht zerlegen, sondern geradezu in seiner Einmaligkeit festzuhalten versuchen. Dieser morphologischen Betrachtungsweise gegenüber war die analytische Methode, die jede unmittelbar vorfindbare Ganzheit zunächst einmal zerschlägt, um auf neu kombinierbare, generell bestimmbare Elemente zu kommen, und diese dann durch einen Funktionsmechanismus oder durch die Kategorie der Kausalität zu verbinden, ... den linksgerichteten Denkweisen zuzurechnen. ... Die Linksgerichteten wollen nämlich aus der vorgegebenen Welt etwas Neues machen, und sie sehen deshalb stets von dem konkreten So-Sein ab, werden abstrakt und zerstückeln das Vorgegebene, um es neu zu kombinieren. Gestalthaft, morphologisch sieht man nur etwas, was man bereit ist, ohne weiteres hinzunehmen, woran man im Grunde nichts ändern will ... (235f.)

Die Frage ist hier natürlich, woher man die soziologischen Modelle nimmt, auf die man die Wissensstrukturen zurückbezieht? Auf diese Frage kann es im Grunde keine einfache Antwort geben. Mannheim hat hier betont, dass man nur mit Idealtypen im Sinne Max Webers arbeiten kann (264). Man strebt also eine überschaubare Anzahl von sozialen Grundmodellen an, die dann in verschiedenen Kombinationen die Möglichkeit bieten, die zu analysierenden Wissensformen plausibel sozial zurückzubeziehen. So kann man z.B. mit einigen wenigen abstrakten Differenzierungen beginnen, wie z.B. „hierarchisch“, „kooperativ“, „kompetitiv“, „autonomistisch“. Man kann aber auch versuchen, konkretere Kategorien zu bilden, mit denen bestimmte soziale Lebensformen charakterisiert werden können. Mannheim selbst benutzt meist Kategorien wie „liberal“, „konservativ“, „bürokratisch“, „sozialistisch“, die auch im politischen Diskurs eine Rolle spielen. Die Differenzierungsmöglichkeiten sind hier aber für Mannheim prinzipiell offen:

Daß es sich bei solchen sozialen Einheiten durchaus nicht nur um Klassen, dass es sich dabei z.B. um Generationen, Lebenskreise, Sekten, Berufsgruppen, Schulen usw. handeln kann, sei gegenüber einem starren Marxismus hervorgehoben. (237)

 

Der hermeneutische Nutzen der Wissenssoziologie

Mannheim fragt nun auch nach dem „Leistungscharakter“ (239) der Wissenssoziologie, d.h. nach dem Nutzen und Gewinn, der mit solchen Analysen erzielt werden kann. Er sieht den Sinn von wissenssoziologischen Analysen vor allem dort, wo heterogene Denkweisen aneinander vorbeireden und im reinen Sachbezug keine gemeinsame Diskussionsbasis finden:

Die Wissenssoziologie sucht nämlich das Aneinandervorbeireden bei disparaten Gegnern eben dadurch aufzuheben, dass sie den Quellpunkt der partiellen Differenzen, der in direkter Ausgerichtetheit auf das, was man die „Sache“ nennt, niemals in das Gesichtsfeld der Diskutierenden fallen könnte, durch ein besonders geartetes Zurückfragen ausdrücklich zum Thema macht. (241)

Die Wissenssoziologie strebt also eine Art Aufeinander-Beziehbarkeit von heterogenen Standpunkten an und wirkt damit einer Fragmentierung und Entfremdung der Diskurse entgegen.

Mannheim benennt auch ausdrücklich einen Vorwurf, der der Wissenssoziologie gemacht wurde, nämlich den, dass sie nicht direkt auf die Argumente des Gegners eingehe und ihn damit in gewisser Weise nicht ernst nehme (240f.). Diesem Einwand gibt Mannheim insofern Recht als die wissenssoziologische Methode nur dann am Platze ist, wenn wirklich keine gemeinsame Denkbasis vorliegt, denn sonst wird sie in der Tat „zum Mittel des Ausweichens in einer Diskussion“ (241).

Neben dem Nutzen, den die Wissenssoziologie in bestimmten heterogenen Debatten haben kann, ist sie m.E. auch ein allgemeines hermeneutisches Instrument, um prima facie unverständliche oder besonders abstrakte Theorien dem Verständnis näher zu bringen. Auch können mit ihrer Hilfe scheinbar rein sachbezogene Fachtexte auf sozial-lebensweltliche Kategorien zurückbezogen und somit einer Beurteilbarkeit zugeführt werden. Zwar hat Mannheim selbst sich vor allem mit geisteswissenschaftlichen Denkweisen befasst, aber seine Methode kann eo ipso auch auf naturwissenschaftliche, mathematische oder ingenieurswissenschaftliche Denkweisen angewendet werden. Gerade dort ist die soziale Seinsverbundenheit zunächst meist ganz und gar verdeckt.

 

Das Problem der Geltung

Wir hatten gesagt, dass wissenssoziologische Analysen ein hermeneutisches Potential haben und mithin dazu dienen können, bestimmte Wissensformen zugänglicher, d.h. verständlicher zu machen. Eine damit im Zusammenhang stehende Frage ist aber die nach der Stellungnahme zum Geltungs- und Wahrheitsanspruch des analysierten Wissens. Wird dieser Wahrheitsanspruch anerkannt, zurückgewiesen oder wird eine neutrale Position dazu eingenommen?

Mannheim stellt diese Frage in dieser Weise auch selbst und beantwortet sie (243f.). Zunächst einmal wird in einer wissenssoziologischen Analyse lediglich eine Verbindung von einem Aussagesystem und einer sozialen Struktur hergestellt, ohne zum Geltungsanspruch des Aussagesystems Stellung zu nehmen. Diesen Teilschritt oder Teilsaspekt der Analyse nenn Mannheim das Relationieren (242). Damit ist einfach nur das In-Relation-Setzen gemeint.

Geht es aber um die Frage nach dem Geltungswert einer Wissensform, so benutzt Mannheim dafür den Begriff Partikularisieren (242f.). Das Problem stellt sich für ihn wie folgt:

Hat man das wissenssoziologische Relationieren als einen faktisch vollziehbaren Denkakt ... beschrieben, so wird bei dieser Charakteristik auch unvermeidlich gefragt, was liegt in der Sinnintention eines solchen zurechnenden Aktes, was will er und was kann er über den Geltungswert einer zugerechneten Aussage ausmachen? (Was ist über seinen Wahrheitsgehalt gesagt, wenn ich von einem theoretischen Satz beweise, dass er dem Liberalismus, dem Marxismus zuzurechnen sei?) (242f.)

Mannheim diskutiert drei mögliche Antworten (243).

Die erste mögliche Antwort wäre, dass der Geltungsanspruch gebrochen, d.h. zurückgewiesen wird. Damit wäre aus der Wissenssoziologie ein Organ der Destruktion gemacht.

Die zweite mögliche Antwort wäre, dass mit der Relationierung überhaupt nicht zum Wahrheitsgehalt der analysierten Aussagen Stellung genommen wird. Man bliebe dann in einer neutralen Position.

Die dritte mögliche Antwort liegt darin, dass die Stellungnahme einerseits nicht gänzlich neutral bleibt, dass sie aber auch keine bloße Zurückweisung oder Anerkennung des Geltungsanspruchs darstellt. Dieser Antwort schließt sich Mannheim selbst an und erläutert sie noch etwas genauer.

Da eine wissenssoziologische Analyse die analysierte Wissensform in bestimmten wesentlichen Hinsichten als partikular aufweist, ist damit auch eine „Geltungseinschränkung der (zunächst als absolut geltenden) Aussagen“ (244) verbunden. Ein Moment der Kritik ist also enthalten.

Die kritische Haltung der Wissenssoziologie ist aber keine Totalkritik, sondern ist auch eine partielle Anerkennung von Geltungsansprüchen. Wissenssoziologische Analysen können also auch – so könnten wir Mannheim hier interpretieren – zur Verteidigung von bestimmten Geltungsansprüchen eingesetzt werden, insofern diese gänzlich in Frage gestellt sind.

Zusammenfassend können wir hier festhalten, dass eine wissenssoziologische Analyse im prototypischen Fall für Mannheim keine neutrale Geltungsstellungnahme ist, auch keine Totalkritik oder Totalapologie, sondern eine Verbindung von Kritik, d.h. Geltungseinschränkung, und Würdigung, d.h. Geltungsanerkennung. Mannheim weist jedoch explizit darauf hin, dass die wissenssoziologische Analyse die sachbezogene Diskussion nicht ersetzt. Sie bereitet die Sachdiskussion vielmehr erst vor und ermöglicht sie damit an Stellen, wo die Heterogenität der Standpunkte diese zunächst unmöglich macht (244).

 

Erkenntnistheoretische Implikationen

Der Zusammenhang der Wissenssoziologie mit philosophischen Überlegungen ist bei Mannheim ein zweifacher. Einerseits ist er selbst aus philosophischen Motiven zur Wissenssoziologie gelangt, und andererseits hat die Ausprägung der wissenssoziologischen Methode Konsequenzen für die philosophische Erkenntnistheorie. Wir wenden uns zunächst der Frage der Motivation zu und gehen danach auf die erkenntnistheoretischen Konsequenzen ein.

Dass Mannheims Weg zur Wissenssoziologie über ausführliche Analysen zur Problematik der Erkenntnistheorie geführt hat, wird besonders deutlich, wenn man in seine frühe Schrift „Strukturanalyse der Erkenntnistheorie“ schaut, die 1922 in deutscher Sprache erschien.[9] Zwar ist dort von Wissenssoziologie noch nicht die Rede, aber man kann bereits sehen, an welcher Stelle Mannheims Analysen in Richtung Wissenssoziologie führen.

Mannheims Analysen scheinen sich zunächst noch ganz im Rahmen der klassischen neukantianischen Erkenntnistheorien zu bewegen, indem er vor allem deren Grundstruktur zu analysieren trachtet. Da er aber in gewissem Sinne die Frage der Erkenntnistheorie auf diese selbst noch einmal anwendet und nach den strukturellen Möglichkeitsbedingungen einer jeden Erkenntnistheorie fragt, hat er den Rahmen der bisherigen Erkenntnistheorien im Grunde schon verlassen. So stellt er gleich zu Anfang seiner Untersuchung heraus, dass sie einen „Beitrag zu einer Logik der Philosophie“ (5) leisten will und beruft sich dabei auf Emil Lask[10], der sich auch mit der Frage nach der Struktur der Philosophie selbst befasst hatte.

Mannheim sieht die grundlegende Aufgabe aller Erkenntnistheorie zunächst in der Suche nach den Voraussetzungen der Erkenntnis:

Wir sehen daher ein Gemeinsames aller Erkenntnistheorien darin, daß sie die Frage nach dem Wesen der Erkenntnis in die Frage nach den Voraussetzungen derselben umgestalten … (Mannheim 1922, S. 41)

Soweit geht Mannheim mit neukantianischen Ansätzen konform. In einem zweiten Schritt geht er jedoch davon aus, dass die Voraussetzungen der Erkenntnis nur dann thematisiert werden können, wenn die Erkenntnistheorie dafür auf eine Hilfswissenschaft zurückgreift. Wenn diese Hilfswissenschaft aber zur Grundwissenschaft der Erkenntnistheorie werden soll, muss sie über eine gewisse Universalität verfügen, und Mannheim sieht in den bisher realisierten Erkenntnistheorien drei verschiedene verwendete Hilfswissenschaften: die Logik, die Psychologie und die Ontologie:

Unter dem Gesichtspunkte der Psychologie erscheint alles als „Erlebnis“, vom Standpunkt der Logik alles als „Bedeutung“ und von dem der Ontologie alles auf gleiche Weise „seiend“. (ebd. 47)

Bei Kant sieht Mannheim z.B. die Logik als Hilfswissenschaft eingesetzt (ebd. 45), bei Lask die Ontologie (ebd. 50). Welche Hilfswissenschaft die richtige ist, darüber will Mannheim in seiner Untersuchung von 1922 ausdrücklich kein Urteil abgeben. Dass aber hier nur noch ein kleiner Schritt zu gehen ist, um die historische Soziologie als weitere mögliche Hilfswissenschaft aufzuführen und dann auch zu bevorzugen, scheint mir offensichtlich. Auf diese Weise würde man das transzendentale Subjekt Kants oder auch Husserls als historisch-sozial situiert auffassen und die Erkenntnistheorie wissenssoziologisch transformieren. Genau diesen Weg ist Mannheim offenbar nach 1922 gegangen.

Soviel zum Rückblick auf Mannheims Analysen zur Erkenntnistheorie von 1922. Kommen wir nun wieder zum Aufsatz von 1931 und zu dem, was dort über die erkenntnistheoretischen Konsequenzen der Wissenssoziologie gesagt wird.

Mannheim kritisiert die bisher dominierende Erkenntnistheorie[11] in verschiedenen Hinsichten und fordert eine partielle Revision und Erweiterung derselben. Zum einen habe sich die Erkenntnistheorie zu stark am Paradigma der exakten Naturwissenschaften orientiert (249), was schon angesichts der Erfolge der historischen Geisteswissenschaften, aber auch der Sozialwissenschaften für Mannheim nicht mehr gerechtfertigt erscheint. Die Erkenntnistheorie muss also erweitert werden. Wenn sich die Erkenntnistheorie auf diese Weise erweitert, wird sie Erkenntnis nicht mehr als unabhängig vom sozial-historisch situierten Subjekt begreifen können (250).

Kritisch gegen Mannheim ist hier allerdings anzumerken, dass er den Naturwissenschaften und der Mathematik durchaus weiterhin eine Unabhängigkeit vom sozial-historischen Subjekt zubilligt und diese Wissensformen damit ausdrücklich aus der wissenssoziologischen Analysierbarkeit herausnimmt. Dies ist m.E. eine Inkonsequenz in Mannheims Ansatz.[12]

Weiter kritisiert Mannheim an der bisherigen Erkenntnistheorie, dass sie tendenziell einen bestimmten Stand der Erkenntnis gewissermaßen einfriert und sich gegen weitere Entwicklungen in den Wissenschaften abschirmt (246). Er fordert daher von einer revidierten Erkenntnistheorie, dass sie auf neue Entwicklungen in den Einzelwissenschaften reagieren und diese reflektieren muss.

Problematisch – oder doch zumindest missverständlich – scheint mir jedoch Mannheims Forderung an die Erkenntnistheorie zu sein, sie solle die sozial-historische Genesis von Erkenntnis als konstitutiv auch für die Geltung der Erkenntnis anerkennen (251f.). Zwar unterscheidet Mannheim diese Form von Genesis von der faktischen Genesis z.B. eines Urteilsaktes aus psychischen Assoziationsmechanismen, aber es entsteht auf diese Weise doch wieder der Eindruck, dass die sozial-historische Einbettung des Subjekts dessen Denken determiniert, was dem Soziologismus-Vorwurf Tür und Tor öffnet.

Offenbar muss man davon ausgehen, dass Mannheim noch nicht zu der Einsicht gelangt ist, dass jede Form von Wissen notwendigerweise eine zumindest implizite Sozialtheorie enthält, wie rudimentär auch immer diese ausfallen mag. Dass dies sogar für die Naturwissenschaften und für die Mathematik gilt, ist Mannheim auf jeden Fall entgangen, wie wir eben gesehen hatten. M.E. kann die Wissenssoziologie aber erst dann ihr ganzes Potential entfalten, wenn man diese These als Ausgangspunkt nimmt.

Wir können also hier festhalten, dass bei Mannheim sowohl die philosophische Motivation für die Wissenssoziologie offensichtlich ist als auch die erkenntnistheoretischen Konsequenzen von ihm explizit benannt werden. Das universale Potential der Wissenssoziologie wird aber von Mannheim nicht ausgeschöpft, weil er die exakten Naturwissenschaften und die ihnen entsprechende Erkenntnistheorie von seiner Kritik ausklammert.

Wenn man bedenkt, dass Mannheim 1930 auf eine soziologische Professur in Frankfurt berufen wurde, ist es durchaus nachvollziehbar, dass er sich – gemeinsam mit seinem Assistenten Norbert Elias – nun darauf konzentrierte, die Wissenssoziologie vor allem forschungspraktisch als Teil der Soziologie zu etablieren, wobei die erkenntnistheoretischen und erkenntniskritischen Implikationen eher in den Hintergrund rückten. Zu diesen biographischen Details passen dann auch die folgenden Sätze:

Die wichtigste Aufgabe der Wissenssoziologie im gegenwärtigen Stadium ist die, sich im Gebiete der historisch-soziologischen Tatsachenforschung zu bewähren und in diesem Gebiete die Exaktheitskriterien für ihre empirischen Feststellungen herauszuarbeiten und ihre Kontrollierbarkeit zu sichern. Sie muss aus dem Stadium gelegentlich auftauchender Intuitionen und blockhafter Feststellungen (hier bürgerliches Denken, dort proletarisches usw.), wenn auch mit Aufopferung der schlagwortmäßigen Zugespitztheit der Ergebnisse in das abwägende Stadium übergeführt werden. (263)

 

Die theoretischen Quellen von Mannheims Ansatz

Mannheim beschließt seinen Aufsatz mit einem kurzen Abriss zur Geschichte der Wissenssoziologie, wo er die wichtigsten Namen aufführt, die für die Entwicklung der neuen Forschungsrichtung eine wesentliche Rolle gespielt haben (266f.)

Zunächst nennt Mannheim hier Marx, dem er entscheidende Einsichten attestiert, dessen einseitige Stoßrichtung auf Ideologieenthüllung er aber für unangemessen hält. Weiter wird Nietzsche aufgeführt, dessen pragmatistische Erkenntnistheorie sowie seine Zuschreibung von aristokratischen und demokratischen Denkweisen wichtige Intuitionen enthalten. Weiter werden Freud und Pareto genannt sowie Lukács, der den marxschen Ansatz mit Hegel verknüpft, aber nach Mannheim auch noch zu sehr im Sinne der Ideologieenthüllung operiert. Besonders gewürdigt wird zuletzt Scheler, der ja auch heute noch neben Mannheim selbst als wissenssoziologscher Klassiker gilt.

 

Nachbemerkung

Wir sind damit am Ende unserer Erläuterungen angelangt. Zusammenfassend wollen wir festhalten, dass die klassische Ausformung der Wissenssoziologie bei Karl Mannheim nicht einfach nur als Teilgebiet der soziologischen Forschung konzipiert wird, sondern aus einer Verbindung von soziologischen und philosophischen Überlegungen entsteht. Die Originalität und das hermeneutisch-kritische Potential der Wissenssoziologie sind unseres Erachtens genau in dieser Verbindung von Ansätzen aus verschiedenen Disziplinen begründet und werden tendenziell preisgegeben, wenn man sie zur soziologischen Seite hin vereinseitigt, wie dies von Mannheim selbst ab einem gewissen Zeitpunkt schon angedeutet wird und sich in der späteren disziplinären Einordnung des neuen Ansatzes auch fortsetzt.

Ob sich an Mannheims Wissenssoziologie in ihrer Verschränkung von soziologischen und philosophischen Argumenten auch heute noch fruchtbar anknüpfen lässt, müsste allerdings in der konkreten Ausführung erst erprobt werden.[13]


Literaturliste

Curtius, Ernst Robert (1929): Soziologie – und ihre Grenzen, Neue Schweizer Rundschau 22 (Oktober 1929) S. 727-736, wieder abgedruckt in: Meja/Stehr (1982), Bd. 2, S. 417-426.

Jung, Thomas (2007): Die Seinsgebundenheit des Denkens. Karl Mannheim und seine Grundlegung einer Denksoziologie, transcript Verlag Bielefeld.

Lask, Emil (1911): Die Logik der Philosophie und die Kategorienlehre. Eine Studie über den Herrschaftsbereich der logischen Form, Tübingen, Mohr.

Maasen, Sabine (2009): Wissenssoziologie, 2. Auflage, transcript Verlag Bielefeld.

Maaß, Holger (2003): Karl Vosslers Sprachphilosophie und die romanische Philologie des 19. Jahrhunderts. Eine wissenssoziologische Untersuchung, in: Estelmann, Frank / Krügel, Pierre / Müller, Olaf (Hrsgg.): Traditionen der Entgrenzung. Beiträge zur romanistischen Wissenschaftsgeschichte, Frankfurt, Peter Lang, S. 43-55.

Mannheim, Karl (1922): Die Strukturanalyse der Erkenntnistheorie, Kant-Studien, Ergänzungsheft Nr. 57, Berlin, Verlag von Reuther & Reichard.

Mannheim, Karl (1929a) : Die Bedeutung der Konkurrenz im Gebiete des Geistigen, in: Verhandlungen des Sechsten Deutschen Soziologentages vom 17. bis 19. September 1928 in Zürich, Tübingen, Mohr, S. 35-83, wieder abgedruckt in: Meja/Stehr (1982), Bd. 1, S. 325-370.

Mannheim, Karl (1929b) : Zur Problematik der Soziologie in Deutschland, Neue Schweizer Rundschau 22 (November 1929) S. 820-829, wieder abgedruckt in: Meja/Stehr (1982), Bd. 2, S. 427-437.

Mannheim, Karl (1931): Wissenssoziologie, in: Handwörterbuch der Soziologie, Stuttgart, Enke, wieder abgedruckt in: Mannheim (1978), S. 227-267.

Mannheim, Karl (1978): Ideologie und Utopie, 6. Auflage, Frankfurt, Verlag G. Schulte-Bulmke.

Meja, Volker und Stehr, Nico [Hrsg.] (1982): Der Streit um die Wissenssoziologie, 2 Bände, Frankfurt, Suhrkamp. (Band 1: Die Entwicklung der deutschen Wissenssoziologie, Band 2: Rezeption und Kritik der Wissenssoziologie).

Restivo, Sal (1993): The Promethean Task of Bringing Mathematics to Earth, in: Restivo, Sal / Van Bendegem, Jean Paul / Fischer, Roland (Hrsgg.): Math Worlds, Philosophical and Social Studies of Mathematics And Mathematics Education, State University of New York Press, S. 3-18.

 

 



[1] Z.B. bei Maasen 2009, S.7.

[2] Karl Mannheim: Wissenssoziologie. Handwörterbuch der Soziologie, Stuttgart 1931 (wieder abgedruckt in Karl Mannheim: Ideologie und Utopie, Frankfurt 1952, S. 227 – 267). Wir zitieren nach der unveränderten 6. Auflage von 1978.

[3] Vgl. dazu Meja/Stehr 1982.

[4] Noch heute ist die Wissenssoziologie innerhalb der deutschen Soziologie als Forschungsrichtung präsent. So findet man sie z.B. als eine der über 30 Sektionen, in die sich die Deutsche Gesellschaft für Soziologie aufgliedert. Sie steht hier neben Familiensoziologie, Rechtssoziologie, Relegionssoziologie und vielen anderen mehr. Über die Rolle Mannheims im heutigen wissenssoziologischen Diskurs ist damit freilich noch nichts ausgesagt.

[5] An anderer Stelle bezieht sich Mannheim z.B. auf Ranke: „Auf der anderen Seite stand der Historismus … Die vollendetste Prägung dieser Denkhaltung bleibt der klassische Satz Rankes: Jedes Zeitalter ist unmittelbar zu Gott.“ (Mannheim 1929a, 362).

[6] Nach Jung ist die Wissenssoziologie in Deutschland später vor allem diesen Weg gegangen und hat in ihrem Mainstream die erkenntnistheoretischen Implikationen weitgehend ausgeklammert (vgl. Jung 2007, S. 9f.).

[7] Vgl. Curtius 1929.

[8] Vgl. z.B. seine Replik auf Curtius in Mannheim 1929b.

[9] Vgl. Mannheim 1922.

[10] Vgl. Lask 1911.

[11] Welche Erkenntnistheorie Mannheim als die „heute verbreitete“ (246) genau im Blick hat, sagt er nicht explizit, aber man kann hier davon ausgehen, dass er vor allem die neukantianische Variante meint.

[12] Eine ähnliche Kritik an Mannheim findet sich bei Restivo. Vgl. Restivo (1993), 3f.

[13] Eine Anwendung der mannheimschen Ideen auf die Geschichte der romanischen Philologie hat der Verfasser in Maaß 2003 bereits unternommen.